Tigers of past Memories
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 Wenn man verdurstet...

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Lavana Yeira
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Lavana Yeira
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Lavana Yeira


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BeitragThema: Re: Wenn man verdurstet...   Wenn man verdurstet... - Seite 4 Icon_minitimeSa 22 Aug 2009 - 14:16

Sie hätte eine andere Reaktion erwartet – zugleich aber war es ihr bewusst, dass er so reagierte. Er sagte nichts. Innerlich verfluchte er vielleicht Lavana weil sie als Ersatzmutter versagt hatte. Und zur gleichen Zeit wusste Aynur, dass auch er versagt hatte. Vana war unentschlossen. Sie fühlte sich schlecht weil sie unfähig war, auf ein Tigerjunges zu schauen und gleichzeitig wusste sie auch, dass Vana nicht schuld hatte, es war nicht ihr leibliches Kind.
Zwickmühle.
Schuldgefühle waren aber dennoch da. Und als Aynur sprach, war ihr bewusst, sie hatten wirklich schuld. Sie müssten Sanya suchen gehen. Was, wenn Lavanas Instinkt doch falsch lag und Sanya in grosser Gefahr schwebte? Sie womöglich schon zerfleischt irgendwo am Boden lag..? Vana schloss die Augen. Sie wollte ihre schlimmen Gedanken verbergen. Sie wollte auch wie Aynur sein, verschlossen, keiner soll ihre Gefühle bemerken und doch fällt ihr es so schwer. Sie war einfach ein offenes Buch. Man merkte alles, besonders wenn man sie gut kennt war es ein Kinderspiel, ihre Gefühle zu deuten.
Sie schlug ihre Augen auf.
Was sagte er? Sie solle sich keine Sorgen machen? Wieso nicht? Sie war doch noch jung… Sie zögerte nickte ihm dann aber zu. Er hatte recht. Lavana steigerte sich in etwas hinein, das gar nicht so schlimm war. Schliesslich überlebte Sanya den ganzen Weg von ihrem Rudel bis hier her, also warum sollte ausgerechnet jetzt der Tod sie geholt haben? Vana schüttelte kurz und fast unbemerkt den Kopf. Weg mit den Gedanken.
Lavana sah zu den Baumkronen hinauf. Die Hitze erdrückte die Luft. Je weiter hoch die Sonne stieg, desto schlimmer wurde das Atmen. Wann würde es endlich regnen? Die kühlen, nassen Tropfen auf den Boden plätschern? Die Flüsse mit Wasser versorgen? Wann!?
Aynurs Worte weckten Lavana aus ihren Gedanken.
Was hatte er vor? Er wollte mit ihr alleine reden? Fragend, mit einer Angst im Blick, schaute sie in Aynurs Gesicht. War er etwa wütend auf sie? Wütend, weil Lavana keine gute Mutter war? Wollte er sie für ihren gemeinsamen Fehler büssen lassen? Wie damals mit Nephenee… Oder war es etwas ganz anderes? Sie konnte nicht mehr warten, er sollte es ihr jetzt sagen. Jetzt. Die anderen waren sowieso nicht auf sie fixiert, Shun war der Mittelpunkt. Also warum konnte er es nicht gleich jetzt sagen?

Was liegt dir auf dem Herzen?

Fast ein wenig neckend hauchte sie die Worte in Richtung Aynur. Ihr Blick wurde intensiv und ein kurzes Lächeln legte sich auf ihre Lefzen. Er sollte ja nicht wütend auf sie sein. Es durfte nicht wieder einen Streit geben. Das würde Lavana nicht aushalten. Sie war zwar seelisch einiges stärker und reifer geworden nach der ganzen Tapir Geschichte, aber sie war verliebt – ja, sie war es wirklich! – und sie würde alles zu persönlich nehmen was Aynur sagte und tat. Sie war verletzlich – gegenüber Aynur. Sie versuchte aber mit ihrem charmanten Lächeln das ganze zu überspielen und wartete auf seine Reaktion.

Nebst dem ganzen Turteln mit Aynur hörte sie immer aufmerksam Shun zu. Dieser sprach aber immer noch nicht. Wäre Aynur und die Sache mit Sanya nicht, würde Lavana deswegen völlig verrückt werden. Sie wusste ja nicht, was Shun ankündigen wollte. Der Untergang von dieser Horde? Sie hatten jetzt schon einige Mitglieder verloren, Lavana wollte nicht noch mehr verlieren, schon gar nicht Aynur.
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BeitragThema: Re: Wenn man verdurstet...   Wenn man verdurstet... - Seite 4 Icon_minitimeDi 18 Aug 2009 - 20:19

Schuldgefühle. Man sah es ihr an, wie sie den Blick gen Boden richtete und die Augen verengte. Schuldgefühle und Sorge. Aynur konnte verstehen, dass es ihr so ging, denn er fühlte es auch – wenn auch sicherlich in einem längst kleineren Rahmen. Und selbst wenn er in diesem Maße gefühlt hätte wie diese Katze, dann hätte er es nicht so gezeigt wie sie. Gefühle machten schwach und angreifbar. Er wollte nichts davon sein. Er hatte gelernt, zu kämpfen und zu gewinnen. In seinen Kopf passten solche Gefühle nicht. Dass sie dennoch da waren, änderte nichts an der Situation, wenn er sie nicht zeigte. Gefühle, die niemand kannte – waren sie den mehr als wenn sie nie da gewesen wären? Existierte nichts, was man nicht teilte? Er war wahrlich nicht gut im Teilen. Entweder ganz oder gar nicht. Es gab sowieso nur sehr wenig moralische Vorstellungen in seinem Kopf – wer konnte es ihm verübeln? Sein ganzes Leben hatte sich um den Kampf, wer der Stärkere sei, gedreht. Mehr nicht. Und dennoch war er ein Vater geworden. Manchmal war das Leben doch recht seltsam.
Still sah er Lavana an, als sie ihm fast schamhaft antwortete. Leicht schnippte er mit den Ohren. Keine Regung auf seinem Gesicht. Die Trockenheit ließ ihn ein wenig mürrisch werden, wobei er ebenso zurückgestarrt hätte, wenn es einer dieser normalen Tage gewesen wäre. Es war sehr leicht, ihn mürrisch zu stimmen. Man konnte sagen, er war eine empfindliche Pflanze. Eine empfindliche Pflanze mit Dornen und Stacheln – eine mutierte Fleischfressende Pflanze? Vielleicht. Es galt nicht, es herauszufinden. Ohnehin war es schwierig, ihn in eine Kategorie zu packen. Er war eben auf eine bestimmte Art und Weise besonders oder speziell.
Lautlos schlug seine Schwanzspitze auf dem Boden auf. Sie wusste es also nicht. Wie gut, dass sie sich schämte, denn er nahm es ihr wahrlich übel, dass sie nichts über den Verbleib der Katze wusste, schließlich war sie doch ihre Mutter oder nicht? Er sah sich zwar nicht unbedingt als Vater, aber er sah sich als Verantwortlicher und deshalb hätte auch er sich schämen müssen, schämen für seine nachlässiges Verhalten. Aber er tat es nicht und er wusste noch nicht einmal warum. Er ärgerte sich nur ein bisschen darüber und wusste, dass er sie auftreiben musste, bevor sie irgendetwas anstellte. Und das würde er auch tun. Stumm sah er die Katze neben sich an. Da war kein Lächeln, das verstohlen über seine Lefzen huschte. Sie hatte versagt und Versagen war nicht zu dulden – nichts anderes hatte er gelernt. Dennoch war seine Stimme, mit der er die nächsten Worte sprach, weder aggressiv noch warfen sie ihr irgendetwas vor. Ruhig sprach er, ruhig und geduldig, nachsichtig, ja, fast liebevoll:

„Wenn sie nicht hier ist, bevor Shun mit seiner Rede fertig ist, werde ich sie suchen gehen.“

Eine Antwort, die keine Kommentare oder Vorschläge duldete. Er würde an dieser Aktion nichts ändern, auch wenn sie ihn darum bitten sollte oder ihm ein Klavier – von denen es hier erstaunlicher Weise wenig gab – auf den Kopf fiele. Hat er sich etwas einmal in den Kopf gesetzt, ließ er nicht so schnell wieder davon ab. Er war ein Sturkopf, ein Sturkopf mit aller Leidenschaft, die er aufbringen konnte.
Schweigend sah er hinüber zu Shun, der aber immer noch nicht begonnen hatte, was ihn nicht besonders gekratzt hätte, wäre da nicht die Sache mit dem kleinen Zögling. Lautlos seufzte er und spielte ein wenig gelangweilt mit seinen Ohren. Wie es war ein Elternteil zu sein? Er wusste das sehr genau. Er hatte einen Wurf gehabt – eigentlich zwei, aber von ersterem wusste er dummerweise nichts. Genug Junge, die einem auf die Nerven gehen konnte. Dinge wie diese Situation gehörten natürlich dazu, aber es gab auch andere Momente, auch wenn er nicht sagen konnte, wie es war, eine Familie zu sein. Er hatte Abstand zu der Katze gesucht, mit der er Nachwuchs hatte. Ihre Art hatte ihn gestört. Er wusste, wie es war, jemandem etwas beizubringen und Entlaufende mit einer Predigt wieder einzufangen. Er wusste, seine Ideen und Vorstellungen zu vermitteln und tat das auf seine ganz eigene Art. Er wusste, dass es immer mehrere Seiten gab, wie man das Elternsein beschreiben konnte. Es war schön und anstrengend – einfache, zutreffende Zusammenfassung. Vielleicht empfand das Lavana auch so, wobei sie sicherlich mehr schöne Dinge fand als er. Sie waren eben doch erstaunlich unterschiedlich. Dass sie überhaupt hier neben einander sitzen konnten, ohne sich zu zoffen – die Zeit hatte es möglich gemacht.
Er wandte sich wieder der Katze an seiner Seite zu und fing in aller Ruhe ihren Blick auf. Eine ganze Weile betrachtete er sie aufmerksam. Ihre Schönheit war durch ihre trüben Gedanken ein wenig aus ihrem Gesicht gewichen. Er schnippte mit den Ohren und sah ihr tief in die strahlenden Augen. Ein zarter Hauch eines Lächeln huschte über seine Lefzen.

„Hör' auf, dir Sorgen zu machen. Es tut dir nicht gut und bringt niemanden weiter.“

Kühl, ja, aber auch verständnisvoll und beschützend erklang erneut seine dunkle Stimme in der stehenden Luft. Zumindest hatten sie hier ein wenig Schatten und die Hitze knallte nicht einfach so auf sie drauf. Er war gespannt auf Shuns Vorschlag. Selbstverständlich hatte er sich längst seine eigenen Gedanken zu diesem Dürrethema gemacht. Doch im Gegensatz zu manch sensibleren Wesen trug er seine Erkenntnisse mit Gelassenheit und ließ sich von schlechten Nachrichten nicht aus der Bahn werfen. Panik kannte er nicht und wenn doch, konnte er sich nicht mehr daran erinnern. Ein ruhiger Augenaufschlag ließ ihn von seinen Gedanken abweichen und brachte ihn zurück in die Realität. Natürlich hatte er sich auch Gedanken über Lavana und ihre Art gemacht und es war ihm erschienen, als sei sie von der Erziehung der jungen Katze hin und wieder ein bisschen überfordert gewesen. Vielleicht war es auch nur selten gewesen, aber es reichte aus, um es ihn bemerken zu lassen. Soweit er wusste, war sie niemals Mutter gewesen. Demnach hatte er einen eindeutigen Vorteil, von dem hier aber niemand wusste. Er hatte nie erzählt, dass er irgendwo auf der Welt Junge hatte – sie hätte ihn sowieso nur für verantwortungslos gehalten, schließlich war er irgendwann einfach gegangen. Zudem waren sie eine seiner Schwächen, mit denen man ihn bestimmt auf eine Art erpressen konnte und das wollte er vermeiden. Aber vielleicht war es jetzt nötig, dass er der Katze ein bisschen von seinem Wissen vermittelte.

„Und ich möchte nachher mit dir unter vier Augen sprechen.“

brummte er ruhig und kümmerte sich gar nicht darum, was sie dabei denken würde oder könnte. Er hatte seinen Plan, den er abarbeitete – war es sein Problem, wenn jemand anders dachte als er? War es sein Problem, wenn er dadurch jemanden verletzte?
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Lavana Yeira
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BeitragThema: Re: Wenn man verdurstet...   Wenn man verdurstet... - Seite 4 Icon_minitimeSa 15 Aug 2009 - 23:19

Ein Blinzeln und sie sah den Orangefarbenen auf sich zu kommen. Lavana wusste erst nicht, warum er sich zu ihr gesellte. Sie schaute zum Alphatier, welches immer noch nicht Anweisungen gab; ihr Blick glitt zu Aynur, als sie verstanden hatte, warum der Kater sich zu ihr setzte. Da kam auch schon die Frage, die selbst Vana nicht beantworten konnte.
Wo war Sanya?
… Lavana schaute ihn an, ehe sich ihre Augen verengten und ihr Blick zum Boden glitt. Sie wusste es nicht und schämte sich dafür. Sie war nicht ihre Mutter und doch fühlte sich Lavana für das Jungtier in dem Moment verantwortlich. Zur gleichen Zeit aber überkam sie Wut, wieso musste die Kleine auch wegrennen? Oder hatte sie sich nur verlaufen? Oder sass sie irgendwo in der Nähe, nur roch man sie nicht? Vana überlegte. Was sollte sie dem Kater nur antworten? Er würde eine negative Antwort bestimmt nicht schätzen. Zögernd richtet sich ihr Blick zu ihm.

„Nun… Ich weiss es nicht. Ich rieche sie nicht und ich weiss auch nicht, wo sie hingegangen ist.“

Bestürzt sah sie ihm ins Gesicht. Sie wusste ganz genau, dass sie in dem Moment versagt hatte. Aber ein inneres Gefühl sagte ihr, dass es Sanya gut geht, auch wenn sie sich nicht hier aufhält. Was wollte nun Aynur tun? Aktion starten und sie suchen gehen? Alle informieren? Selbst wenn sie ihn noch nicht bis ins kleinste Detail kannte, eins wusste sie: Auch er fühlte sich für die Kleine verantwortlich. Sie hatten beide versagt.
Bedrückt schaute sie zu den Alphas. Sie wollte keine schlechten Gedanken haben und doch hatte sie welche. Das gefiel ihr gar nicht. Schon gar nicht in der Lage der Horde. Die Tage des Winters gingen sehr schnell vorbei und nun war es schon fast so heiss wie in den letzten Sommertagen. Regen weit und breit nicht in Sicht, nur ganz leichte Winde überquerten das Land, ein erstickender Sommer würde die Tiger erwarten. Jetzt konnte wirklich kein Drama um ein Jungtier gebraucht werden. Und doch entwickelte es sich von Minute zu Minute in ein Problem.
Tja, hart gesehen könnte die kleine auch sterben, sie wurde nicht in der Horde geboren, sie wurde nur aufgenommen von zwei Tigern, die einst verfeindet waren und sich nun liebten – mehr oder weniger. Aber Vana ist nicht hart, sie hätte Schuldgefühle und wäre zutiefst unglücklich mit sich selbst. Sie könnte doch nicht einfach ein junges Tier sterben lassen, wenn sie es verhindern kann. Dachte Aynur genauso? Sah er Sanya auch als wichtiges Mitglied an, dass man nicht alleine lassen darf? Lavana wollte aber auch nicht aufstehen und eine Suchaktion machen, vermutlich war alles ganz harmlos und die Kleine sass irgendwo.
Ist das also das Gefühl von Elternsein? In Sorge sein um das Kind? Angst? So hatte sich das Lavana nicht vorgestellt.
Sie seufzte und schenkte Aynur wieder ihren Blick. Lavana wusste nicht, ob er ihre Sorge versteht, ob er sie überhaupt versteht, ob er Lavana nur ein bisschen versteht. Sie wusste es nicht. Sie würde es aber so gerne wissen. Ob er auch ein Gefühl von Zuneigung spürte. Auf jeden Fall war es schon gut, dass er sich unaufgefordert gerne neben Vana setzte. Sie waren miteinander verbunden, selbst wenn es nur durch Sanya ist, aber sie waren es. Das machte Lavana glücklich und sie wusste, alles würde gut gehen. Einfach alles, sowohl die Suche nach Sanya wie auch die bevorstehende Zeit mit der Horde. Es musste einfach klappen! Was würde Lavana nur ohne ihre Horde machen? Sie weiss doch gar nicht mehr, wie das ohne andere Tiger ist. Ein Leben ohne Freundschaft, Hoffnung und Liebe.
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BeitragThema: Re: Wenn man verdurstet...   Wenn man verdurstet... - Seite 4 Icon_minitimeMo 15 Jun 2009 - 19:13

Frühling. Es war nur ein lauer Wind, der um seine Schnurrhaare wehte. Ein Sommergefühl übermannte ihn. Es erschien ihm wärmer zu sein, als es sein durfte. Und es hatte lange, furchtbar lange nicht mehr geregnet. Er gehörte nicht zu denjenigen, die den Regen schätzten, nein, aber er wusste, dass es nicht gut war, wenn es nicht regnete. Es war kein Gefühl, keine Idee, kein Gedanke. Es war ein Instinkt. Dürre war ein Risiko für alle – auch für ihn. Vielleicht hätte er sich von dem anderen Instinkt leiten lassen sollen, diesen Ort zu verlassen, um besseres für sich zu finden, aber unter sein triebgesteuertes Denken hatten sich andere Dinge gemischt, Dinge, denen er sonst aus dem Weg gegangen wäre. Er wusste noch nicht einmal genau, wann sie gekommen waren und warum. Er hatte mittlerweile begriffen, dass sie da waren und nicht wieder gehen würden. In diesen Wintermonaten war er um einiges schlauer geworden, denn Gefühlen hatten seinen strukturierten Geist erweitert und in ein Chaos gestürzt, das er zu besiegen versuchte.
Gefühle. Der Orangefarbene wusste nun, was genau Freundschaft war. Er hatte die Lücken zwischen sich und anderen gesehen. Und er hatten den Zusammenhalt gesehen und vor allem verstanden. Das änderte nichts daran, dass er grundsätzlich ein Einzelgänger war. Es änderte etwas daran, wie er sich innerhalb der Horde verhielt. In letzter Zeit hatte er angefangen, über andere nachzudenken, um ihre Aktivitäten zu verstehen. Zuvor war es ihm nur darum gegangen, was sie taten und ob das etwas mit ihm zu tun hatte. Alles, was sich seinem Lebensbereich entzog, hatte ihn nicht interessiert, weil es ihn nicht betraf. Das war jetzt anders. Er sammelte auch unnütze Bilder, Worte, Situationen, um sie später vielleicht einmal verwenden zu können, wenn sie dann doch etwas mit ihm zu tun hatte.
Obwohl sich sein Geist soweit verändert hatte, war seine Miene immer noch gleich geblieben. Kühl, verschlossen, wachsam. Und seine Worte konnten immer noch sehr bissig sein. Er war nicht liebevoller geworden, nein, sondern verständnisvoller. Er hatte angefangen, andere – wie damals – zu schätzen. Vielleicht war dieses Denken bei ihm nicht so ausgeprägt wie bei anderen, aber es war da und steuerte seine Gedanken in eine andere Richtung, die vielleicht noch niemand bemerkt hatte. Sie würden es merken, wenn es anfing, wichtig für sie zu sein. Und ob es dazu kommen würde konnte er zu diesem Zeitpunkt nicht beantworten – und ich auch nicht.
Die anderen. Schweigend wanderte sein Blick umher, heftete sich auf sie alle. Leicht schnippte er die Ohren, als er Shun betrachtete. Wachsamkeit. Hier ging es um das Überleben des Rudels. Er wusste nicht, wie vielen das klar war. Ihm war es klar und deshalb würde er dem Kater zuhören, wenn er denn sprach. Da er aber noch nicht zu Worten ansetze, wanderte der wissende Blick weiter über den Platz. Im Moment schien alles in Ordnung und alle – halt! Unmerklich verengten sich die kalten Seelentore. Shasanya. Sie war nicht hier. Er versuchte ihre Spur in der warmen Luft zu finden. Da waren Spuren, ja, aber keine frischen. Leicht hob er die Lefzen und senkte sie wieder. Das missfiel ihm eindeutig. Seitdem er ihr auf der Lichtung begegnet war, fühlte er sich verantwortlich und handelte auch danach. Sicher, er war ein seltsamer Vater, aber er konnte ein Vater sein. Streng, ja, aber verständnisvoll. Sein Blick wanderte zu Lavana, die eine Art Mutterrolle für die Katze übernommen hatte. Still musterte er ihre Züge und schnippte leicht mit den Ohren. Da war ein glückliches, fast seliges Lächeln auf ihrem Gesicht. Er konnte sich nicht erklären, warum das so war, aber es gefiel ihm – was er wiederum auch nicht erklären konnte. Er brauchte lange, um eigene Gefühle erkennen zu können. Er hatte damit nie viel am Hut gehabt, doch nun schien es ihm wichtig zu werden – irgendwie. Es war noch viel zu abstrakt, um es verstehen zu können. Er würde noch einige Zeit brauchen, um herauszufinden, warum ihm dieses zarte Lächeln gefiel. Vielleicht Stunden. Vielleicht Tage. Vielleicht Jahre. Zeit brauchte er – ein unbegrenztes Maß an Zeit.
Widerwillig erhob er sich von seinem Platz. Langsam, ganz langsam und in völliger Ruhe. Für Hetze gab es keinen Grund – und auch keine Energie. Sie alle mussten sehen, dass sie mit den knappen Vorkommen zurecht kamen. Also nur langsam. Langsam aber stetig. Er ließ sich neben Lavana wieder auf den Boden sinken, schlang den Schwanz um den mächtigen Körper und blickte sie wie immer recht kühl an – was aber jeden hier in diesem Kreise betraf. Er musste sich nun nicht mehr zwingen, sie aufzusuchen. Er mochte es, in ihrer Nähe zu sein und vor allem, sie ihn Sicherheit zu wissen. Er schob es auf die Existenz des Rudels und kümmerte sich nicht um die Sorgen, die glanzlos durch seinen Körper strömten, wenn sie einmal verschwand, ohne eine Spur zu hinterlassen. Auf die Sorge folgte ein leichter Ärger, der aber nicht mit dem zu vergleichen war, was er zuvor über sie gedacht hatte. Es war anders geworden. Dieser Frühling war anders und er wusste ihn nicht zu benennen.

„Wo ist Shasanya?“

murrte er leise, während er ihr in die leuchtenden Augen sah. Wenn sie es nicht wusste, würde er die Katze vielleicht suchen gehen. Es war eine kühle Frage, eine Frage ohne emotionale Basis. Er hätte auch fragen können, ob sie wisse, wo das Jungtier sei. Aber er tat es nicht, schließlich war sie die „Mutter“ und wusste noch eher über den Verbleib der Katze Bescheid als irgendein anderer aus dem Rudel. Doch obwohl es eine recht neutrale Frage war, war sie nicht bissig, drohend oder verurteilend gestellt, sondern recht ruhig, mit Nachdruck und mit einer bestimmten Art von Sorge. Diese Szene auf der Lichtung hatte einiges bewegt. Sicher, einem Fremden wäre das wohl nicht aufgefallen, aber ihr vielleicht. Vielleicht verstand sie es genauso wenig wie er und wusste doch, dass es da war. So wie er wusste, dass sich etwas an ihren Zügen verändert hatte, an ihrer Art. Es fehlte ihm nur die Fähigkeiten, das ganze auf sich zu beziehen und gleichzeitig den Gefühlswandel zu verstehen. Man konnte einiges von ihm verlangen – aber nicht alles und nicht zur gleichen Zeit.
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Lavana Yeira
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BeitragThema: Re: Wenn man verdurstet...   Wenn man verdurstet... - Seite 4 Icon_minitimeMo 8 Jun 2009 - 12:51

Lavana wartete gespannt auf die Anweisungen der Alphas. Ihre Ohren zuckten wild umher, sie hatte auf eine gewisse Art Angst… Angst, nicht zu wissen, was als nächstes passiert. Sie spürte, dass etwas Schreckliches auf die Horde zustossen wird. Es bereitete ihr Sorgen. Nicht nach all dem, was passiert war.
Sie erinnert sich noch genau daran, wie sie das erste Mal auf Aynur traf. Ja, er hasste sie von Anfang an. So weit so gut, man muss ja nicht jeden leiden können. Und dann? Der grosse Irrtum. Nephenee, die damals kleine Prinzessin, und die ganze Geschichte… Und irgendwann verhielt sich Aynur ganz anders, so normal, oder wieder zu normal, als dass es normal sein könnte. Verwirrend. Lavana wusste immer noch nicht genau, was er jetzt wirklich für sie fühlte. Zumindest akzeptierte er ihre Anwesenheit.
Dann war da noch die kleine Sanya, die irgendwo hier in der Gegend sein musste. Vielleicht in der Höhle? Lavana wusste nicht, wohin sie ging, als sie das erste Mal zur Lichtung kamen. Vielleicht sass sie etwas versteckt hinter den Büschen und hörte ebenfalls zu? Lava war nicht ihre Mutter. Vielleicht suchte sie deswegen nicht nach Sanya. Lava wusste genau, dass Sanya nichts zugestossen ist, sie hat ja bis jetzt auch alleine überlebt, also warum nicht auch jetzt?
Der Winter ging zu dem schnell vorbei, ihr geht es bestimmt gut.

Es ist schon eine lange Zeit her, als Lavana alleine zurecht kommen musste. Jetzt war da eine ganze Horde, nicht mehr so gross, wie damals als sie hier her kam, aber es war jemand da. Und eben Aynur. Aynur… schon nur wenn sie an den Namen dachte überkam sie ein Glücksgefühl. War sie etwa wirklich verliebt? Sie schaute ihm ins Gesicht. Ja, sie war verliebt. Er auch? Nein, doch nicht Aynur. Er kann sie nicht hassen und dann plötzlich Lieben. Das ist unmöglich, jedenfalls in Lavanas Augen. Du wirst sowieso nur enttäuscht, wenn du jetzt sosehr darauf hoffst und dich immer mehr in ihn verliebst. Vertrauen ist bei ihm sowieso sehr schwer… Nein, ein Tiger wie Aynur ist nicht verliebt, schon gar nicht in eine Tigerdame wie mir.
Ihr verliebter Blick wurde etwas trüb und ihr romantisches Grinsen (lol) verblasste zu einem normalen Lächeln, welches schnell verschwand. Ungerechte, harte Welt. Wenn man doch nur wüsste, was andere denken und fühlen. Wie einfach wäre das Leben dann…


(Ähm… ich kann noch nicht mehr schreiben, Shun ist ja an der der Reihe?)
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BeitragThema: Wenn man verdurstet...   Wenn man verdurstet... - Seite 4 Icon_minitimeDo 16 Apr 2009 - 9:49

... fängt man an zu schwitzen. Du verspürst eine nicht endende Trockenheit im Mund, deine Lippen werden spröde, deine Zunge schwillt an. Du fängst an zu halluzinieren und deine Augen werden blutunterlaufen. Irgendwann brichst du zusammen und kannst dich nicht mehr bewegen. Zu verdursten, ist ein qualvoller Tod...

[Der Winter dieses Jahr dauerte nicht lang an. Der Schnee und das Eis, schmolzen schnell und das Wasser versickerte im Boden oder bahnte sich seinen Weg durch die Berge und Felsen, die in der Nähe lagen. Es scheint die Sonne, angenehm warm und sie war willkommen, nach der Kälte, die im Winter geherrscht hat. Doch es dauerte nicht lange, da erkannten die Tiger die näher kommende Gefahr. Schon bald waren Flüsse und Seen ausgetrocknet und fast verschwunden. Das Wild in ihrem Wald starb oder verließ ihn. Genauso taten es auch einige Tiger, aus der Horde. Nun versammeln sich die restlichen Tiger auf ihrer Lichtung, um zu entscheiden, was sie nun tun sollen.]

Esenia a Fedia lag, mit Shiro zwischen ihren Beinen, auf dem Felsen, der zugleich auch die Höhle der Tiger auf der Lichtung war. Neben ihr saß Shun und beide schauten sie auf die verbliebenen Tiger. Sie treuen Seelen, die trotz der Trockenheit und der Not, ihre Horde und die beiden Alphas nicht verlassen hatten. Fedia hatte verletzt und traurig mit ansehen müssen, wie viele, viele aus ihren Reihen gingen, um ihr Überleben an einem anderen Ort zu sichern. Nun musste ein Entschluß gefasst werden. Sie konnten nicht länger auf einen ordentlichen Regenfall warten, es könnte zu spät sein, wenn er eintraf. Sie hatten sich alle versammelt, um eine Lösung zu finden.

Ruhig schleckte Fedi Shiro über das buschige Fell, hinter seinen Ohren. Das Jungtier knurrte verspielt und patschte der Alpha mit der kleinen Pfote an die Nase. Shiro bekam von alledem sehr wenig mit und Fedi wusste nicht, wie und ob sie es ihrem Sohn überhaupt erklären sollte. Er war in größter Gefahr und doch hatte er bis jetzt am wenigsten unter der Trockenheit gelitten. Fedi hatte dafür gesorgt, dass er immer genug bekam. Er war das einzige Jungtier in der Horde – und ihr Sohn.

Erwartend schaute sie Shun an. Sie würde ihn den Anfang machen lassen. Sie hatte das Gefühl, dass es einfach das richtige war, den Kater mit seiner ruhigen, tiefen Stimme sprechen zu lassen. Vor ihr standen Aynur, Nephenee, Ninja, Lavana und etwas abseits, in Fedis Nähe, lag Yanaki. Wo auch immer Kumal und Kumani waren, sie befanden sich nicht hier. Besonders schmerzte Fedi die Abwesenheit der beiden, auch wenn sie immer wieder an Chuki denken musste. Wo war sie? Würde sie jemals wieder zu ihnen kommen, ihre alte Freundin? War sie noch am leben...?

Die Alpha schleckte sich über die trockene Nasenspitze, blinzelte und schmatze kurz. Ihr Mund war trocken. Sie hatte durst und durfte es sich nicht anmerken lassen... Nicht hier, vor der Horde Tiger, die alle Durst hatten.
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BeitragThema: Re: Wenn man verdurstet...   Wenn man verdurstet... - Seite 4 Icon_minitime

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